Römerturm Tulln

Im historischen Kontext des antiken Römischen Reiches sticht der sogenannte „Römerturm“ in Tulln, Österreich, als herausragendes Beispiel militärischer und ziviler Architektur nördlich der Alpen hervor. Dieser hufeisenförmige Flankenturm, auch als Salzturm bekannt, war ein bedeutender Bestandteil des Römerlagers Comagena und stammt aus der Zeit um 300 n. Chr. In dieser Epoche erlebte das Lager eine umfassende Ausbaustufe, bei der die Befestigungsanlagen in Steinbauweise massiv verstärkt wurden. Der Turm diente ursprünglich zur Sicherung der westlichen Lagermauer und ist heute eines der wenigen voll erhaltenen antiken Gebäude in dieser Region.

Das Baumaterial des Turmes, Wienerwald-Sandstein, wurde sorgfältig geglättet und mit römischem Mörtel, bestehend aus Sand, Wasser und Kalk, aufgemauert und verputzt. Die bemerkenswerten Renovierungsarbeiten im Jahr 1984 enthüllten, dass die römischen Mauern bis zum Dachansatz original erhalten geblieben sind, was den Turm zu einem einzigartigen architektonischen Relikt macht. Eine weitere Restaurierung erfolgte im Jahr 2004, bei der unter anderem der Eingang auf der Ostseite wiederhergestellt wurde.

Im Mittelalter spielte der Turm eine wesentliche Rolle bei der Sicherung des Landplatzes an der Donau und wurde in die Stadtmauer integriert. In der karolingischen Zeit bis ins 13. Jahrhundert diente er als Schutzbau und zur Sicherung der Schiffslände. Im 15. Jahrhundert wurde er als Zeughaus zur Lagerung von Pulver und Waffen genutzt, während er im frühen 19. Jahrhundert als Salzlager fungierte, was ihm den heute geläufigen Namen „Salzturm“ einbrachte.

Die Notitia Dignitatum, ein spätantikes Ämterverzeichnis, erwähnt verschiedene militärische Einheiten, die in Comagena stationiert waren, darunter die „lanciarii Comagenis“ und „lancearii Comagenses“, sowie Reitertruppen wie die „equites promoti Comagenis“ und einen Flottenpräfekten, „praefectus classis Arlapensis et Maginensis“. Diese Einträge zeugen von der strategischen Bedeutung des Standorts, der einst eine 1000 Mann starke Reitertruppe beherbergte. Diese ala milliaria bestand aus berittenen Bogenschützen, die aus Kommagene in der östlichen Türkei stammten, einer Region, die für ihre exzellenten Bogenschützen berühmt war. Solche Eliteeinheiten waren im Römischen Reich selten und unterstrichen die Bedeutung von Comagena als militärischen Stützpunkt.

Heute ist der Römerturm nicht nur ein beeindruckendes Beispiel römischer Baukunst, sondern auch ein bedeutendes Zeugnis der vielfältigen Nutzung und Bedeutung dieses Bauwerks durch die Jahrhunderte hindurch. Seine gut erhaltene Struktur und die historische Bedeutung machen ihn zu einem wertvollen Kulturerbe im Donauraum, das die lange und reiche Geschichte von Tulln eindrucksvoll dokumentiert.

Foto: C.Stadler/Bwag

Infos
Adresse: Donaulände 38, 3430 Tulln an der Donau
Öffnungszeiten: keine, nur Privatführungen